Andorra

Über kleine Dörfer und größtenteils Geländestrecke wollen wir Andorra erreichen. Bei der eher mangelhaften Ausstattung mit Karten und der bekanntlich sehr mageren Beschilderung spanischer Straßen und Wege ein schwieriges Unterfangen.

Nach La Vajol geht es Richtung las Illas über Schotter nach Frankreich. Auf der Straße nach Ceret links ab auf den Roc de Fraussa. Der Schotterweg der Michelinkarte entpuppt sich als senkrecht in den Berg gestemmter Trampelpfad, der nur unter extremer Anstrengung und unter Kopfschütteln einzelner Wanderer zu bewältigen ist. Völlig erschöpft oben angekommen soll der Weg zum Etappenziel nach Montalba d´Amelie nun fast senkrecht genauso schmal zwischen Bäumen mehrere Kilometer nach unten führen. Wir entscheiden uns dagegen und finden nach einigem hin und her auch einen bequemeren Ausgang aus dem Dickicht. Wir erreichen zwar den Gipfel des Fraussa, müssen jedoch, da wir Montalba d´Amelie so nicht erreichen, einen Umweg über den Pic de Fontfrède und Ceret auf Teerstraße in Kauf nehmen. Auch weiterhin haben wir mit den gestrichelten Wegen auf unserer Karte kein Glück. Wir finden sie nicht. Den Pic du Canigou erreichen wir heute nicht. Oben an einer Herberge geht es nicht viel weiter, einen gesperrten Bergwerksstollen kann man noch erreichen, dann enden alle Wege auf Kuh- und Pferdeweiden. Von dieser Seite ist der Pic du Canigou nach Aussage der Franzosen nicht zu erreichen. Die in der Karte eingezeichneten gestrichelten Linien sind wohl als Wandertouren zu verstehen. Bleibt uns nur auf schmaler Teerstraße in Serpentinen der Umweg über Vinca nach Prades.

Von Prades aus versuchen wir Tour Nr. 24 aus dem Enduro-Atlas zu befahren. Über das Bergdorf Mantet soll es wieder rüber zur spanischen Seite gehen. Sowohl Michelin-Karte als auch Enduro-Atlas sind hier nicht auf dem aktuellen Stand. Die Wege sind entweder absolut unbefahrbar oder wirksam für motorisierten Verkehr gesperrt. Bleibt uns nur die Übernachtung in Vernet les Bains in einem nicht gerade billigen Hotelzimmer (250 FF) unterm Dach, mit kaputter Dusche. Die Pizzeria nebenan ist unter aller Sau, die Bedienungen benehmen sich alle als wäre es ihr erster Tag. Das Frühstück am nächsten Tag geht natürlich extra und ist nicht gerade für hungrige Motorradfahrer ausgelegt. Aber man bedient sich gerne vom liegengebliebenen Essen des Nachbartisches.

Gut ausgeruht (?) und gestärkt folgen wir dann der Route zum Massiv du Canigou, genau so, wie im Enduro-Atlas (22) beschrieben. Franzosen und Spanier können´s nicht lassen, Ihre Autos und Straßenmopeds den Berg hoch zu quälen. Einen Spanier kostet das Manöver dann auch die Ölwanne und er muß seine Kiste fast am höchsten Punkt des Bergs stehen lassen. Ein französisches Pärchen ist auf den Schotterwegen in kurzen Hosen und T-Shirts auf einer TDM unterwegs. Außer einem kleinen Felstunnel, einem kleinen See, wilden Pferden und Kühen gibt es wenig Besonderes auf dem als Touristenattraktion vermarkteten Pic du Canigou. Kurios ist höchstens der Kreisverkehr kurz vorm Gipfel, der dem doch eher geringen Verkehrsaufkommen nicht ganz gerecht wird!

Wie am Vortag an einem Supermarkt wird diesmal in der Burgenstadt Mont-Louis vor einem Tante-Emma-Laden nur sehr karg zu Mittag gegessen. Über eine Schotterstraße um den Pic Carlit herum soll es zum Col de Puymores gehen. Leider stehen die Waldwege im Bereich der Seen in dieser Gegend unter Naturschutz und werden bewacht. Man fängt uns ab. An einem Schlagbaum ist Schluß und wir müssen das Gebiet wieder auf Teer umfahren. Nach etlichen Straßen-Kilometern erreichen wir das Grenzstädtchen in Andorra. Gleich am Ortseingang erspähen wir schon mehrere Motorradläden. Voller Erwartung möchten wir uns ein Paar Jacken, Hosen und Endurostiefel betrachten. Alle Produkte sind jedoch entweder fast genauso teuer wie Zuhause oder nur in minderer Qualität zu erschwinglichen Preisen zu haben.

Enttäuscht fahren wir über die Hauptstraße ins Landesinnere, natürlich ohne die frei umherlaufenden Pferde zu überfahren. Die Hauptstadt “Andorra la Vella” ist so hübsch häßlich wie alle anderen großen Skizentren im Sommer. Um die hohen Hotelpreise der Hauptstadt zu umgehen bringen wir uns in eine gute Startposition für die Touren des nächsten Tages und übernachten in einem günstigen Hostal zwischen den Dörfern Llorts und El Serrat.

Nach der Nacht in unserem Luxusappartment mit einem Holzfäller im Nachbarzimmer geht es auf zur Enduro-Atlas-Tour Nr. 28 “Tunel de Rat”. Entweder haben wir einen anderen Tunnel gefunden oder der Autor hat sich geirrt. Unser Tunnel ist nicht wie im Buch beschrieben durch Eis blockiert, sondern endet nach ca. 100m wassergefüllt mit einer Felswand. Die Fahrt hierher war eher unspektakulär, so daß wir sie uns eigentlich auch hätten sparen können. Die als extrem schwer und eigentlich unbezwingbar beschriebene Tour 27 reizt uns sehr. Leider existiert sie nicht mehr wie beschrieben, da an dieser Stelle gerade große Erdarbeiten stattfinden, wohl um den Ort Arinsal vor Lawinen zu schützen. Trotzdem finden wir eine recht anspruchsvolle, weil steil und mit grobem Geröll übersäte, Auffahrt zur oberen Liftstation. Hier entwickelt Ines Ihr volles Talent und rast den Berg trotz Straßenreifen hinauf wie eine Gemse. Runter geht´s dann etwas langsamer.

Kaum unten schon geht es weiter Richtung Port de Cabus (Tour 26). Wie im Buch beschrieben kurz vor Tor umzukehren und eine große Schleife um den Berg zu fahren, erscheint uns angesichts der mühsamen Anfahrt durchs Skigebiet auf Teerstraßen nicht sinnvoll. Daher umfahren wir das verkehrschaotische Zentrum Andorras auf spanischem Boden. Auf unserem mit ein paar Flußdurchfahrten garnierten Weg über Alins, Araós und Farrera stoßen wir an der Kirche St. Magdalena auf Tour 29 des Enduro-Atlas. Über Ras de Conques und Ars geht es zurück zur Hauptstraße Andorras.

Direkt an der Grenze essen wir in einem Einkaufszentrum die wohl schlechteste Pizza unseres Lebens und machen uns auf zur letzten Endurotour in Andorra. Wie in Tour 30 beschrieben biegen wir in St. Julia Richtung Juberri und Aixirvall in den Bosc de la Rabassa ab. Oben im Wald endet die Strasse an einer Art Mountainbike-Station. Dort kann man sich sowohl per Fahrrad als auch mit Jeep und Enduro legal austoben. So störte es auch die Grenzbeamten nicht, daß wir im Wald herumirrten. Nach Vorzeigen der Personalausweise kann die Fahrt fortgesetzt werden. Nach einigen Schotterkilometern sind wieder spanische Teerstraßen erreicht und immer noch mehr als 200km bis zum Bett am Strand von Empuriabrava abzuspulen.