Carretera Austral

Urspruenglich hatten wir vor, von Santiago de Chile nach Sueden in direkter Linie auf die beliebte, da landschaftlich schoene, Carretera Austral zu fahren. Da einige der Faehren zur Ueberquerung der Fjorde suedlich von Puerto Mont ab April nicht mehr fahren, mussten wir uns eine andere Route aussuchen.

Der Umweg ueber Villa Angostura und Bariloche auf der bei Reisenden beliebten argentinischen Ruta 40 war keine schlechte Wahl. Da der suedliche Teil dieser Strecke mit langen Geraden durch trockene Pampa etwas oede aussieht, ueberqueren wir kurz nach Esquel erneut die Grenze und fahren doch noch, nun bereits suedlich der Fjoerde, auf die chilenische Carretera Austral.

Die Landschaft auf der chilenischen Seite ist erheblich gebirgiger und fuer uns viel interessanter. Im Gegensatz zur bisherigen Ruta 40 ist die Carretera Austral fast ausschliesslich geschottert. Siebzig Kilometer hinter der Grenze schlagen wir unser Zelt auf dem Hof einer Rafting-Farm direkt neben dem reissenden Fluss auf. Das Wasser fuer die mittlerweile dringend benoetigte Dusche muessen wir uns im Boiler der Sauna mit eigenhaendig gesammeltem Holz in einer einstuendigen Prozedur selbst warm machen. Da es keinen Strom gibt, duschen wir anschliessend in der herrlich vorgeheizten Dusche im Schein unserer Stirnlampen.

Nach der fuer diese Gebirgslandschaft mit umliegenden Gletschern unerwartet warmen Nacht im Zelt, geht es auf der Carretera Austral weiter nach Sueden. Frueh kommen wir im von Sudentendeutschen 1937 gegruendeten Dorf Puyuhuapi an. Heute am Karfreitag finden wir zunaechst weder geoeffnete Restaurants noch Lebensmittellaeden. Alles scheint geschlossen zu sein. Da es zudem verdaechtig nach Regen aussieht, entscheiden wir uns, nicht wie geplant zum Zelten in den nahe gelegenen Nationalpark zu fahren, sondern hier im Dorf zu bleiben. Im schoenen Casa Ludwig, in dem wir uns fuer die Nacht einquartieren, erfahren wir viel ueber die Geschichte des Dorfes und deren vier deutschen Gruender. Zwei davon, die ‘Hopperdietzel-Brothers’, fertigten bis vor einigen Jahren noch Teppiche in einer kleinen Fabrik im Dorf.

Luisa, die deutsch sprechende Hausherrin des Hostals, erzaehlt uns zudem von den Plaenen einiger internationaler Konzerne (z.B die spanische Endesa) und der chilenischen Regierung, fuenf grosse Staudaemme in Patagonien zu bauen, um Strom fuer Kupferschmelzen zu erzeugen. Nicht nur, dass die Stauseen einen grossen Teil Patagoniens unter Wasser setzen wuerden, sondern auch die zahlreichen breiten Trassen der ueber 2000 km nach Norden verlaufenden Hochspannungsleitungen wuerden viel Natur zerstoeren. Auf unserem Weg hatten wir bereits einige Plakate von Naturschutzorganisationen gesehen, die auf diesen Eingriff in die Natur mit dem Slogan „Patagonia sin Represas“ (Patagonien ohne Staudaemme) hinweisen.

Generell ist auf der Carretera Austral, die es in diesem Teil Patagoniens erst seit 1975 gibt, rege Infrastruktur-Bauaktivitaet zu erkennen. Einige neue Bruecken entstehen, die Schotterpiste wird verbreitert oder bereits mit einer Teerdecke ueberzogen.

Auf, von riesigen Rhabarber-aehnlichen Blaettern und Bambusstraeuchern gesaeumten, Wegen geht es zu einem Nationalpark, in dem es angeblich einen Haenge-Gletscher gibt. Vom Aussichtspunkt ist nur ein rauschender Fluss zu sehen. Der Gletscher scheint, wie viele andere auf der Carretera Austral, bereits abgetaut.

Auch in Coyhaique haben wir Muehe am Ostersamstag geoeffnete Geschaefte und eine Unterkunft zu finden. Wir kommen in einer skurrilen Absteige unter, in der nicht nur die Waende, sondern auch die Besitzerin lila angemalt ist.

Am Vormittag starten wir im stroemenden Regen erneut Richtung Argentinien. Ab der Grenze, an der wir zum ersten mal richtig gefilzt werden, scheint zwar die Sonne, dafuer blaest jedoch der beruechtigte starke patagonische Wind von allen Seiten, so dass wir auf der groben Schotterpiste meist in Schraeglage fahren.

Vor den Toren des leider bereits geschlossenen ‘Versteinerten Waldes’ verstecken wir uns hinter einem Huegel vor dem Wind und den Parkwaechtern, denn einer der Ranger warnte uns, dass Campen hier in der Gegend verboten sei.

Im Nationalpark des ‘Bosque Petrificado’ liegen etliche versteinerte Baumstaemme im Sand. Es ist erstaunlich, wie echt die Staemme nach Holz aussehen. Erst wenn man sie anfasst oder mit einem Stein dagegen klopft, merkt man, dass es sich um Steine handelt. Entstanden sind diese steinernen Staemme aus einem Wald, der vor 65 Millionen Jahren im Meeresschlamm versunken ist.